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Aikido Projekttag

Nachschau: Projekttag mit Aikido für Kinder 2014, Montessori Schule Mühlheim

Zum dritten Mal konnte ich auch in diesem Jahr am Projekttag der Montessori-Schule Mühlheim Aikido anbieten.
Wir waren mit neun Kindern aus den ersten drei Lernjahren. Dankenswerterweise hatte sich eine Mutter dazu bereit erklärt, mich zu unterstützen.
Um halb neun waren wir umgezogen auf der Matte und konnten beginnen. An diesem Vormittag wollte ich den Kindern die Möglichkeit geben zu erfahren, wie man Angriffen begegnen kann, ohne dass einer von beiden Partnern geschädigt wird – denn Aikido bedeutet unter anderem dies: Ich entscheide mich dazu, mich zu verteidigen, ich will dabei aber niemanden beschädigen. Oder auch: Egal was der Andere tut, ich will nicht (selbst-)zerstörerisch handeln, sondern friedlich bleiben.
Das Tolle an diesem Projekttag war, dass einige Kinder Vorerfahrungen in Kampfkünsten hatten (Aikido, Hapkido, Karate, Judo), und damit ein Grundverständnis für Verhaltensregeln im Dojo und für das Nachmachen von gezeigten Bewegungen gegeben war.
Am Beginn eines Trainings, am Ende desselben, und zwischen durch, für Erklärungen, setzen sich die Schüler in die Schülerlinie. Wir sitzen im Fersensitz seiza und üben uns entspannt aufrecht zu halten und zur Ruhe zu kommen. Hiermit gestalten wir die Struktur der Stunde, in der das Üben mit Erklärungen und Vorführungen wechselt. Das gelingt mal besser und mal weniger 🙂

seiza mit Faxen

Je schneller die Kinder nach dem Trainieren in die Schülerlinie kommen, desto eher können wir uns dem nächsten Aspekt zuwenden, um dann weiter zu trainieren. Hier spiele ich zum Einstieg immer gerne “Rennen – seiza”: Die Kinder rennen kreuz und quer, mit der Aufgabe, einander auszuweichen, und auf ein Zeichen von mir bilden sie zügig wieder die Schülerlinie. Und das hat 1a geklappt, da könnten sich die eine oder andere Gruppe von mir eine Scheibe abschneiden 🙂 ! Verbessern konnten die Kinder, beim Ausweichen nicht einzuknicken, sich klein zu machen, den Bauch einzuziehen, die Luft anzuhalten. Nachdem ich die Kinder darauf hingewiesen habe, dass sie so ihre Wachsamkeit und vor allem ihre Reaktionsfähigkeit einschränken, gelang auch das wesentlich besser.

Als nächstes führte ich eine Technik vor, die wir die “Strudeltechnik” nennen – weil der Wurf sich anfühlt, als würde man in einen Flussstrudel geraten. Der gewählte Angriff sollte zur Kehle gehen, zur Verteidigung verlasse ich die Linie und platziere mich so, dass ich den Angreifer wie in einem Strudel werfen kann. Damit das gelingen kann, haben wir zunächst geübt:
Wie fallen wir im Aikido?
Wie stehen wir aus dem Fallen wieder auf, um möglichst schnell wieder bereit zu sein?
Wie und wo setze ich an, um den Angreifer zu bewegen, ohne ihm weh zu tun? Hier spielen wir gerne das “Knickspiel” – wo kann ich den Körper meiner Trainingspartnerin “knicken”, so dass sie zu Boden geht, aber ohne das es ihr weh tut?

Kinder mit Zuschauern

Kinder mit Zuschauern

Bis hierhin hatten die Kinder schon viel trainiert. Im Aikido bedeutet das vor allem auch: Zu Boden gehen und wieder aufstehen, ein ums andere Mal. Dabei kann man sich schön auspowern. Die Pausenbedürftigkeit wurde in der nachlassenden Konzentration spürbar. Und so haben wir uns alle umgezogen, und sind für ½ Stunde an die frische Luft in einen benachbarten Park gegangen.

Nach der Pause ging es weiter: Wie bewege ich den Anderen aus meinem Zentrum heraus? Denn nur so kann ich friedlich und gewaltfrei bleiben.

Um hierfür ein Gefühl zu entwickeln, ließ ich zu den Schwertern greifen. Die Gruppe hat so toll mitgemacht und war so aufmerksam, dass ich wusste: Mit diesen Kindern kann ich auf jeden Fall auch eine Runde Schwert üben.
Aikido hat sich unter anderem aus dem traditionellen Schwertkampf entwickelt. Das sieht man z.B. an dem ungewöhnlichen Stand auf einer Linie, mit dem Gewicht auf dem vorderen Bein.
Beim Schwert kann man sehr schön üben, die Hände beim Arbeiten vor dem eigenen Zentrum zu halten – alle Bewegungen wollen wir vom Zentrum her ausführen. Hierfür hielten wir zunächst das Schwert in Bereitschaftsposition und übten Schwertgang, mit einem Abschlussschnitt zum Kopf eines gedachten Gegners (“shomen uchi”). Dabei beginnt die Bewegung vor dem Bauch und endet auch dort – wir sagen: Der Schwertknauf kehrt zum Bauch zurück.
Um dieses Gefühl im Kontakt mit einem Partner zu üben, stellten wir uns mit den gekreuzten Klingen (der schaumstoffummantelten) Übungsschwerter voreinander. Jetzt beginnt einer von beiden auf einer Linie zu laufen, vor und zurück, und der andere folgt, immer in dem Bemühen, diesen Kontaktpunkt am Schwert zu halten.
Die gleiche Übung wiederholten wir, nun aber mit gekreuzten Armen anstelle der Schwerter. Das bedeutet, dass sich der Abstand verändert und es noch wichtiger wird, aufrecht zu bleiben, damit der andere mich nicht erreichen kann. Und damit haben wir auch schon den Angriff men uchi, den ich für die “Strudeltechnik” soto kaiten nage gewählt hatte.

Nach all diesen Vorbereitung gelang es den Kindern, diese Technik auszuführen – und nicht nur die Kinder, auch meine Unterstützerin hat eifrig mit mitgemacht, so dass wir trotz der ungerade Zahl an Kindern die ganze Zeit in Paaren trainieren konnten – vielen Dank für Deinen tollen Einsatz an dieser Stelle, liebe Ute! Wieder in Schülerlinie, sagte ein Kind: “Das ist ja unglaublich, man merkt gar nicht, wie es passiert, aber man muss fallen” – ha! Bingo, dachte ich mir, mission accomplished, genau um dieses Gefühl geht es. Man könnte vielleicht noch ergänzen: “… ohne dass es weh tut oder dass sich der Verteidiger anstrengen muss.”

Normalerweise kommen Kinder zu einer Zeitstunde Training zu uns ins Dojo. Wir hatten nun schon fast 2,5 Stunden engagiert und sehr aufmerksam trainiert (natürlich mit der Pause), und so ließen wir den Vormittag ausklingen mit zwei Spielen, “Schildkröten fangen”, wo sie nochmal fallen üben konnten, und den “Blinden Samurai”, bei dem sie ihre Aufmerksamkeit, ihre Sinneswahrnehmung im Raum ohne Sicht und ihre Ruhe trainieren konnten.
Alle Kinder haben toll mitgemacht und so war dieses Training eine große Freude für mich – Domo arigato gozai mashita – vielen Dank dafür!

Annette Röllig